Oraler Galvanismus – wenn Metalle im Mund miteinander reagieren
Der Orale Galvanismus bezeichnet ein häufig unterschätztes Phänomen: Werden verschiedene Metalle oder Legierungen im Mund verarbeitet, fließt zwischen ihnen ein Strom – sie verhalten sich wie eine Batterie.
Gold und Titan haben ein Spannungspotenzial von etwa 3 Volt, also durchaus nicht unerheblich. Trotzdem werden häufig Goldaufbauten auf Titanimplantate gesetzt. Diese Prozesse können zu Knochenabbau und Karies führen, Kronen dezementieren und lösen sich, Veränderungen der Mundschleimhaut werden ausgelöst und es kann zu Störungen des Allgemeinbefindens kommen.
In den letzten Jahrzehnten, beginnend in den 1970er-Jahren, wurden verschiedenste Legierungen in der Zahntechnik verwendet. Aus Kostengründen wurde der Goldanteil reduziert. Auch goldfreie Legierungen wurden immer populärer. Parallel dazu konnte man steigende Zahlen von Unverträglichkeitsreaktionen auf die verschiedenen Metalle beobachten.
Die jeweils geprüfte Biokompatibilität galt für jede einzelne Legierung – nicht berücksichtigt wurden jedoch einfachste elektrochemische und physikalische Gesetze. So laufen zwischen verschiedenen Metallen – wenn sie in einer leitenden Lösung (dies gilt für Speichel) liegen – elektrochemische Prozesse ab. Man spricht von Korrosion. Der Anode (dem Metall oder der Legierung mit dem geringerem Standardpotenzial E) werden Metallionen entzogen.
Diese sind im Speichel als Halballergene (Haptene) gelöst und werden vom Körper auf dem Wege vom Mundraum in den Magen-Darm-Trakt aufgenommen. So können sie bei entsprechender Sensibilisierung allergische Reaktionen auslösen. Liegt nur ein Metall oder eine Legierung vor, entsteht dieser Korrosionsprozess nicht.
Das Chaos im Mund
Diese Vorgänge sind grundsätzlich seit Langem bekannt, werden aber nicht berücksichtigt. Wie auch, denn es werden im Schnitt bei nicht einmal 10 Prozent der in Auftrag gegebenen Arbeiten die zu verwendenden Legierungen definiert. Bei der nächsten Behandlung ist daher nicht mehr bekannt, welche einzelnen Metalle im Mundraum enthalten sind.
Bereits seit den 1880er-Jahren ist bekannt, dass als Folge der elektrochemischen Vorgänge Karies an Kronen- oder Füllungsrändern entstehen kann, sogenannte Sekundärkaries. In jüngerer Zeit wurde nachgewiesen, dass sich bei üblichen Potenzialdifferenzen im Mund auch Zemente für Brücken oder Kronen, Zahnsubstanz (Schmelz und Dentin) sowie Implantatbeschichtungen auflösen.
Das ist aber noch nicht genug. Denn bereits seit Mitte des 20. Jahrhunderts ist bekannt, dass elektrochemische Prozesse Einfluss auf zum Beispiel die weißen, nicht abwischbaren Beläge der Mundschleimhaut (Leukoplakien) haben und die Entstehung von bösartigen Entartungen (Plattenepithelkarzinomen) begünstigen. Ebenso wurde in den letzten Jahren bestätigt, dass dauerhaft wirkende elektrische Felder Zellentartungen hervorrufen und das schon bei Feldstärken, die im Mundraum nicht ungewöhnlich sind. Weiterhin werden etwa 35 wichtige Gene zur körpereigenen Tumorbekämpfung (Tumorsuppressor-Gene) schon bei geringeren Feldstärken herunterreguliert und somit in Ihrer Wirkung geschwächt.
Metallmix beseitigen und Sicherheit schaffen
Aus diesen Gründen wurde in den 1980er-Jahren von Ärzten, Zahnärzten und Krankenkassen im gemeinsamen Bundesausschuss festgelegt, dass wenn möglich nur eine einzige Legierung im Mund Verwendung finden soll, um einen Metallmix und die einhergehenden Risiken zu verhindern. Dieses Vorgehen bleibt jedoch Theorie, denn in der zahnärztlichen Praxis wird diese Entscheidung von allen beteiligten Parteien weitgehend ignoriert.
So bleibt uns bei vident oftmals nichts anderes übrig, als bei betroffenen Patienten alle Metalle zu entfernen und entweder mit ein- und demselben definierten Metall zu ersetzen – oder aber gleich durch tatsächlich biokompatibles Material, in aller Regel keramische Werkstoffe. Ein nicht unerheblicher Aufwand, doch das Wissen und das Gefühl der Sicherheit überwiegen, um sich und seinen Körper nicht unnötigen Störungen auszusetzen. Das ist bereits kurzfristig eine gute Entscheidung.